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Kommentare zu Buch I

Kommentare zu I 1:



Demokratie, Monarchie, Oligarchie: In der antiken Literatur wurden verschiedene Staats- und Verfassungsformen diskutiert, oft verstanden als einander ablösende Formen politischer bzw. staatlicher Ordnung. Bei Polybios (2. Jh. v. Chr.), also etwa 150 Jahre nach Xenophon, finden wir (VI 4-9) eine ausformulierte Vorstellung von einem Kreislauf der Staatsformen (Verfassungen/politeiai), die neben den drei 'guten' Formen Monarchie, Aristokratie und Demokratie auch deren 'negative' Pendants umfasst (also Tyrannis, Oligarchie und Ochlokratie). Eine solche Ausdifferenzierung scheint bei Xenophon noch nicht vorzuliegen. Vielmehr dürfte die politische Praxis, d.h. die Existenz von 'demokratischen' und 'oligarchischen' Verfassungen in einem Großteil der griechischen Poleis im 5./4. Jahrhundert, die Folie für die vorliegende Formulierung abgeben. Als erster hatte Herodot (III 80-82), wiederum ca. 50 Jahre vor Xenophon, die drei Grundformen politischer Herrschaft als solche benannt.



Herden/Hirten: Das Bild vom Herrscher als Hirten (und vom Volk als Herde) findet sich in der griechischen Literatur seit der 'Ilias' (vgl. etwa Agamemnon als 'Hirte des Volkes' [Il. 2,243 u.ö.]). Vor allem bei Platon findet es an zahlreichen Stellen Verwendung (etwa Politeia 343a, Gorgias 516a, Nomoi 735a u.v.a.).



Kyros: Gemeint ist Kyros II., genannt der Große, der Gründer des persischen Weltreichs. Dessen Person ist Xenophons Lesern vor allem vertraut aus Herodots Darstellung (vgl. v.a. Hdt. I 95-216) - publiziert wohl um 430 v. Chr. -, er wurde aber auch bereits bei Aischylos in dessen Tragödie 'Die Perser' erwähnt (aufgeführt 472 v. Chr.), dort wie auch bei Herodot dargestellt als ein fähiger Herrscher. Auch im Alten Testament (AT) wird Kyros an verschiedenen Stellen erwähnt (vgl. 2 Chr 36,22; Esra 1,1ff.; Jesaja 44,28 und 45) und mit der Rückkehr der Israeliten aus dem babylonischen Exil in Verbindung gebracht. Lit.: Für eine umfassende Darstellung des persischen Reichs siehe J. Wiesehöfer, Das antike Persien. Von 550 v. Chr. bis 650 n. Chr. (München u.a. 1998²) sowie ders., Das frühe Persien. Geschichte eines antiken Weltreichs (München 1999 u.ö.) [Beck'sche Reihe]



Perser ... [Völker] ... Magadider: Die genannten Völker führen durch ihre schiere Menge die enorme Ausdehnung des persischen Reiches unter Kyros vor Augen: von den Lydern und Karern in Kleinasien über die Syrer in der Levante, die Araber und Ägypter im Süden, die Saken in Zentralasien bis zu den Indern ganz im Osten. => Karte des persischen Reichs




Kommentare zu I 2:



Kambyses: Gemeint ist Kambyses I., der von ca. 600 bis 559 v. Chr. regierte. Das Verwandschaftsverhältnis von Kambyses I. und Kyros II. wird auch im sogenannten Kyros-Zyliner erwähnt, einer Inschrift, die Kyros II. selbst in Auftrag gegeben hat. Bei Herodot (Hdt. I 107) heißt es, Kambyses sei als Perser rangmäßig deutlich niedriger als die zeitgenössischen Meder angesehen gewesen.



Perseiden/Perseus: Die Abstammung des Kambyses (und damit des Kyros) von Perseus findet sich bei Herodot nicht explizit, sehr wohl aber die Herleitung der Bezeichnung Perser von Perseus (vgl. Hdt. VII 61).



Mandane: Mederin, Tochter des Asytages (siehe dort). Bei Herodot wird berichtet (I 107-110), dass Mandane aufgrund eines Traums, den ihr Vater hatte, einem Perser (Kambyses I.), keinem Meder, zur Frau gegeben wurde. Sowohl bei Herodot als auch bei Xenophon stellt sie letztlich die entscheidende dynastische Klammer dar, die beide Völker (über ihren Sohn Kyros d. Gr.) miteinander verbindet.



Astyages: König der Meder, die zu seinen Regierungszeiten (vgl. Hdt. I 107-130) den Persern militärisch und politisch überlegen waren. Von dieser unterschiedlichen Wertung bei Herodot, bei dem Kyros die Herrschaft über beide Völker erst durch einen Feldzug gegen seinen Großvater erreicht, ist bei Xenophon nicht die Rede.



Erziehung (persisch/griechisch): Über das persische Erziehungssystem ist abgesehen von den (wenigen) Erwähnungen bei Herodot (Hdt. I 136) fast nichts bekannt. Inwiefern daher Xenophons ausführliche Schilderung Bezug nimmt auf tatsächliche Traditionen und Institutionen oder inwiefern eine freie literarische Gestaltung vorliegt, die vor allem eigenen erzählerischen Interessen dient, muss offenbleiben. Bei Herodot (a.a.O.) heißt es, dass die Perser ihre Kinder in nur drei Disziplinen unterrichteten, nämlich Reiten, Bogenschießen und die Wahrheit zu sagen. Es liegt daher nahe anzunehmen, dass Xenophons Darstellung, die durchaus ähnliche Akzente setzt, auf Herodots Darstellung rekurriert. Gleichzeitig ist von einer im Detail kaum noch sicher zu bestimmenden freien Gestaltung auszugehen, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass Fragen der allgemeinen wie der politischen Erziehung im 4. Jh. (vgl. Platon, aber auch Isokrates) von zentraler Bedeutung gewesen sind. Ein solcher 'Erziehungs-Diskurs' reicht bis ins 5. Jh. zurück, wenn man etwa das Phänomen der Sophistik, in dessen weiterem Rahmen letztlich auch die Figur des Sokrates zu sehen ist, berücksichtigt. Dass nicht nur erziehungstheoretische Fragen, sondern auch die gelebte Praxis in der zeitgenössischen (Aus-)Bildung in Xenophons Darstellung hineinspielt, dürfte auch in der Bezeichnung der jungen Männer als 'Epheben' (siehe dort) angedeutet sein.



Epheben: Als Epheben bezeichnete man v.a. in Athen (im 4. Jh. v. Chr.) die Altersgruppe junger Erwachsener, die im Übergang vom Jugend- zum Erwachsenenalter standen (ca. 18-20 Jahre). Diese durchliefen eine etwa zweijährige 'Dienstphase' für die Polis (u.a. als Grenzposten). Lit.: H. Schmitt, Artikel 'Ephebe', in: Kleines Lexikon des Hellenismus (Wiesbaden 1993²)




Kommentare zu I 5:



Kyaxares: Sohn des Astyages, Onkel des Kyros, Bruder der Mandane. Übernahm in Xenophons Darstellung nach dem Tod seines Vaters die Macht in Medien; anders bei Herodot, bei dem Kyros die Herrschaft über die Meder direkt von seinem Großvater Astyages (nach einem Kampf!) übernahm; der Sohn des Astyages spielt bei Herodot keine Rolle. Stattdessen ist Kyaxares bei Herodot der Name von Astyages' Vater, der wiederum bei Xenophon nicht erwähnt wird. Herodots Chronologie steht in Übereinstimmung mit altorientalischen Quellen, Xenophons Kyaxares scheint eine literarische Erfindung zu sein. Der erzählerische Effekt besteht vor allem darin, einen militärischen Konflikt zwischen Medern und Persern zu vermeiden: Kyros gelangt auf friedlich Weg an die Macht über beide Völker.



König der Assyrer: Der Name des Assyrerkönigs wird bei Xenophon nicht genannt, es handelt sich in jedem Fall um den Vater des assyrischen Prinzen (vgl. |1,4,16|), zwischen dem und den Medern in Anwesenheit des jungen Kyros es zum Konflikt gekommen war.



Syrer, Araber, Hyrkaner, Baktrier: Gebiete, die später sämtlich zum persischen Reich gehören sollten. Während die Syrer und Araber weitgehend den Gebieten zugeordnet werden können, die man noch heute mit diesen Namen verbindet, liegt das Gebiet der Baktrier im heutigen Afghanistan, das der Hyrkaner südlich des Kaspischen Meeres.



Kroisos: König der Lyder, sprichwörtlich bekannt für seinen Reichtum. Die Kroisos-Figur ist griechischen Lesern bereits seit Pindar und Bakchylides im frühen 5. Jh. vertraut, vor allem die Darstellung bei Herodot (Hdt. I 5-91) ist für sein Nachleben prägend geworden.



Lyder, Kappadokier, Phryger, Paphlagonier, Inder, Karer und Kilikier: Aufzählung von Völkern, die später (s.o.) sämtlich zum persischen Reich gehören sollten. Eine systematische Ordnung in der vorliegenden Reihenfolge ist nicht erkennbar: Bis auf die Inder sind alle genannten Völker in Kleinasien verortet.



Götter: Über die genaue Natur der persischen Götter macht Xenophon keine Angaben und greift so eventuell die Schilderung Herodots (Hdt. I 131f.) auf, nach dem die Perser keine Götterbilder und Tempel haben, in ihren Gebeten anlässlich von Götteropfern jedoch stets für die Gesamtheit der Perser bitten (und nicht nur für den Opfernden allein). Steht diese Vorstellung auch hinter der Formulierung des xenophontischen Kyros, die Männer sollten angesichts seiner Frömmigkeit unbesorgt sein, was den Ausgang der Unternehmung angeht?



Vorfahren: Die Erwähnung der Vorfahren in der ersten programmatischen Rede des Kyros an seine Landsleute ist einerseits topisch, unter Umständen jedoch auch als Anspielung an Reden wie den Epitaphios bei Thukydides zu verstehen (die vielleicht bekannteste Rede in einem historiographischen Werk überhaupt), in dem Periklesauf die Rolle und Bedeutung der Vorfahren in der Gewinnung politisch-militärischer Macht anspielt.